[% META title = 'Jon Lord: Pictured Within' %]

Harmoniesüchtig

Auf Solotour: Deep-Purple-Organist Jon Lord

Standing ovations schon zu Beginn des Konzerts für den Mann im schwarzen hochgeschlossenen Anzug mit den weißen, zum Zopf gebunden Haaren. Ein britischer Rockadliger durch und durch, der seine Musiker mit großem Respekt behandelt und sich erst die Brille aufsetzt, bevor er an seinem schwarzen Flügel Platz nimmt.

Im Publikum hingegen jede Menge bierbäuchige Altrocker in T-Shirts, viel zu engen Jeans, Cowboystiefeln und schütterem Haar. Der langjährige Deep Purple-Keyboarder Jon Lord lädt an diesem Abend zu einem Konzert der Besinnlichkeit, in dessen Mittelpunkt ein Streichquartett steht. Dunkel raunende Keyboardflächen, ein paar Pianoakkorde, darüber soliert das Cello. Der Keyboarder mit der Billy Idol-Igelfrisur kommt nach vorne ans Mikrophon und singt das Titelstück der Jon Lord-CD «Pictured Within». Eine Ballade, wie fast alle weiteren Kompositionen des Abends.

Immer wieder gibt es auch lange instrumentale Passagen mit harmoniesüchtigem Kontrapunkt bei den Streichern und zuckersüßen Melodien für das Englischhorn. Dissonanzen sind Jon Lord fremd. Dieser Abend wäre in einem Konzertsaal sicher besser aufgehoben gewesen als in der Columbiahalle. Schließlich tritt Sam Brown aus dem Backgoundchor heraus und singt eindringlich den «Evening Song». Später gibt's als Zugabe «Stop», ihren Hit von 1988. Der Lord bleibt dezent im Hintergrund. Das Publikum gibt stehende Ovationen.

Oliver Hafke-Ahmad