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Jon Lord
"Pictured Within" ist der wichtigste musikalische Schritt meines Lebens.
Er ist seit einigen Jahren ein gern gesehener Gast hierzulande. Ob zusammen mit Pete York, mit Deep Purple, 1996 in Kockelscheuer oder mit seinem eigenen Ensemble, Jon Lord ist stets für eine musikalische Überraschung gut. Anläßlich der "Live"-Vorstellung seines neuen Solo-Albums im hauptstädtischen Konservatorium, unterhielt sich Télécran mit dem sympatischen Briten der im Laufe seiner Karriere mehr als nur ein Kapitel Rockgeschichte geschrieben hat.
Télécran: Zwischen dem Album "Before I Forget" und ihrer aktuellen Solo-Produktion "Pictured within" liegen immerhin 16 Jahre, wieso mußten die Fans so lange auf ein neues Jon Lord-Album warten ?
Jon Lord: Da gibt es mehrere Gründe. "Before I Forget" war ein Album das mir eigentlich nie so recht gefiel. Nur etwa die Hälfte der Songs, die etwas ruhigeren Titel fand ich wirklich gut, das war genau das was ich musikalisch rüberbringen wollte, auf der anderen Hälfte, auf den rockigen Songs, gab ich jedoch vor jemand anders zu sein. Die Produktion eines Solo-Albums ist nämlich für einen Musiker der in einer Band spielt lediglich dann sinnvoll wenn er musikalisch etwas realisieren kann, was er normalerweise innerhalb der Band nicht tun kann. Was ich damit sagen möchte ist, daß ich, obschon ich 1982 während der Produktion von "Before I Forget" bei "Whitesnake" Rockmusik spielte, auch auf meinem Solo-Album rockig klingen wollte, obschon mein Bedarf an diesem Genre von Musik völlig abgedeckt war. Dieser "Felhtritt" hat selbstverständlich auch mein musikalisches Selbstvertrauen in Punkto Solo-Projekte ein wenig getrübt, und ich wollte fortan eigentlich nur mehr das sein was ich eigentlich war, nämlich Keyboard-Spieler in einer Rockband. Ende 1983, Anfang 1984 fing dann die neue Deep Purpe-Aera an, wodurch mir in den darauffolgenden Jahren sowieso keine Zeit mehr blieb für Solo-Projekte. Außerdem bestand zu jener Zeit keine Nachfrage nach Solo-Alben. Erst vor einigen Jahren als wir mit Deep Purple einen neuen Vertrag bei EMI unterzeichneten, fragte man mich ob ich keine Lust hätte mal wieder ein Solo-Album aufzunehmen. Da ich tatsächlich bereits seit einiger Zeit diesen Wunsch hegte, sagte ich zu.
Télécran: Sie hatten also erst jetzt wieder den Bedarf neue eigene Songs zu schreiben?
Jon Lord: Schreiben nein, denn ich habe die ganzen Jahre hindurch Songs geschrieben, ich hatte nur nicht den Bedarf die Songs auch aufzunehmen und zu veröffentlichen. Zwei Titel auf "Pictured Within" habe ich sogar bereits 1985/1986 geschrieben.
Télécran: Im Gegensatz zu früheren Solo-Alben sind auf "Pictured Within" keine Musiker von Deep Purple mit von der Partie. Wollen sie damit ihre Arbeit als Solokünstler ganz klar von der als Deep Purple-Mitglied trennen ?
Jon Lord: Nein nicht unbedingt. Ich möchte vielmehr hiermit damit anfangen meine Arbeit als Komponist von der als Rockmusiker abzugrenzen, dies vor allem im Hinblick auf das was einmal nach Deep Purple sein wird. Damit möchte ich allerdings nicht voraussagen, daß sich Deep Purple demnächst auflösen werden oder ich Deep Purple verlasse, im Gegenteil wir haben sehr viel Spaß zusammen und hoffen, daß das auch noch möglichst lange so bleibt. Doch irgendwann, und da sollten wir uns alle nichts vormachen wird der Tag kommen, vielleicht aus Altersgründen, wo sich die Band auflöst oder der eine oder andere aufhört. Ich für meinen Teil werde dann aufhören wenn ich das Gefühl verspüre, daß ich meinen "Job" als Keyboarder nicht mehr zu meiner eigenen Zufriedenheit ausführen kann. Man sollte dabei schon seinem inneren Ruf folgen und ehrlich sich selbst gegenüber sein. Ich bin sicher der Tag wo ich sagen werde: " Stop, das Ganze macht mir keinen Spaß mehr, ich höre auf " wird irgendwann kommen. Ich hoffe nur, daß wir das alle zum gleichen Zeitpunkt verspüren, womit es dann doch für jeden von uns einfacher wäre aufzuhören. Ich fange daher bereits jetzt an eine Grenze zu ziehen zwischen Jon Lord dem Rockmusiker und dem Komponisten Jon Lord. "Pictured within" ist mein erster Schritt in diese Richtung und zugleich der wichtigste musikalische Schritt meines Lebens.
Télécran: Könnten sie sich trotzdem vorstellen zusammen mit der Band noch einmal so ein Projekt wie "Concert for Group and Orchestra" zu realisieren?
Jon Lord: Ein solches Projekt gibt es derzeit nicht, wir werden jedoch voraussichtlich im September dieses Jahres, also zum 30 Jahrestag von "Concert for Group and Orchestra", das Ganze noch einmal in der Royal Albert Hall in London aufführen.
Télécran: Wieder mit dem Royal Philharmonic Orchestra?
Jon Lord: Ich glaube nicht. Wir werden uns diesmal ein etwas freundlicheres Orchestre aussuchen.
Télécran: Gab es damals Probleme?
Jon Lord: Ja einige. Denn nur 30% der Orchestermusiker waren begeistert von der Idee mit einer Rockband zusammen zu arbeiten. Etwa 20% war es egal und die restlichen 50% waren gegen uns. Das war wirklich nicht das was man also gute Zusammenarbeit bezeichnen kann.
Télécran: Sie schreiben aber derzeit auch an einem neuen Orchesterstück?
Jon Lord: Ja ich arbeite an einem Stück für euer Orchester das" Orchestre Philharmonique du Luxembourg" welches nächstes Jahr im April erstmals aufgeführt wird.
Télécran: Werden sie das auch Orchester dirigieren ?
Jon Lord: Nein, denn ich bin kein Dirigent. Ich kann zwar ein kleines Ensemble leiten aber kein großes Philharmonieorchester, mir fehlen dazu noch die nötigen Kenntnisse. Eines Tages vielleicht ja, denn das ist einer meiner Träume. Was nun die Leitung des Orchesters anbelangt so wäre das etwas für jemanden wie Eberhard Schöner. Er hat die nötige Erfahrung und Strenge und wir haben ja bereits in der Vergangenheit mehrmals zusammen gearbeitet.
Télécran: Können sie das Werk etwas näher beschreiben?
Jon Lord: In dem Stück kommen sehr viele Piano-Parts vor. Eine wichtige Rolle wird auch die Perkussion spielen, jedoch nicht die typische Orchester-Perkussion sondern mehr die Art von Perkussion wie sie Mario Argandona auf "Pictured Within" spielt. Vielleicht wird er auch diese Parts übernehmen. Auch habe ich mit Steve Morse gesprochen damit er einige Gitarren-Parts für das Stück schreibt.
Télécran: Sie werden dann aber wohl die Piano-Parts übernehmen?
Jon Lord: Nein, auch das nicht, denn es sind sehr schwierige Piano-Parts, die ich zwar schreiben aber so nicht spielen kann, das ist etwas für einen jungen Pianisten, in dem das Feuer noch richtig lodert. Vielleicht werde ich einige Hammondorgel-Sätze einbauen, die ich dann auch spielen werde, ansonsten beschränke ich mich bei diesem Werk auf's Komponieren.
Télécran: Wird dieses Werk auch aufgenommen und als Album veröffentlicht werden?
Jon Lord: Das "O.P.L." wird es voraussichtlich Ende März/ Anfang April, also vor der ersten öffentlichen Aufführung einspielen.
Télécran: Hier in Luxemburg?
Jon Lord: Das ist schon möglich, steht allerdings zur Zeit noch nicht fest da wir darüber noch am verhandeln sind.
Télécran: Sie gehen demnächst wieder mit Deep Purple auf Tournee, werden sie da noch die nötige Zeit zum Schreiben finden ?
Jon Lord: Die Tournee mit Purple dauert etwa fünf Wochen, so bis Mitte Juli, danach sind dann erstmal einige Wochen Pause, bevor wir dann im September in "Royal Albert Hall " auftreten werden. Anschließend werde ich voraussichtlich nochmals mit dem "Pictured Within" - Ensemble auf Tournee gehen. Was nun das Schreiben anbelangt so bleibt mir dazu ausreichend Zeit in meinen Träumen.
Das Gespräch führte Serge Waldbillig